Auf dieser Seite möchten wir Sie über häufige Haltungsfehler aufklären, damit diese möglichst vermieden werden und Ihre Schildkröten ein gesundes und langes Leben genießen dürfen!
Das obige Bild zeigt eine noch junge Griechische Landschildkröte mit bereits hochgradigen Panzerdeformationen. Solche Exemplare werden auch als „Dampfaufzuchten“ bezeichnet. Ein solches Wachstum ist absolut krankhaft und schädlich für die gesamten Organsysteme der Schildkröte! Grund für dieses extreme Wachstum ist eine Kombination aus falscher Haltung und falscher Ernährung. Wird eine junge Landschildkröten beispielsweise zu trocken gehalten (wenn z. B. kein Erdsubstrat verwendet wird) und dann auch noch falsch ernährt (z. B. mit Obst oder gar Fleisch), ist es nur eine Frage der Zeit, bis das betroffene Tier ein absolut schadhaftes Wachstum erleidet und meist über Jahre hinweg vor sich hin vegetiert…
Keine ausreichende / falsche Strahlungswärme
Schildkröten zählen zu den wechselwarmen Tieren und sind somit auf die Temperatur von außen angewiesen. Sie verbinden allerdings nur Licht mit Wärme und brauchen daher einen möglichst hellen Platz, an dem sie sich auf ihre Stoffwechseltemperatur von ca. 35°C erwärmen zu können. Sie sind also auf Strahlungswärme in Form von Sonnenlicht bzw. Strahlern angewiesen. Es sollte daher immer einen Platz geben, an dem Temperaturen von ca. 40°C herrschen.
Falsche und schädliche Ernährung
Mediterrane Landschildkröten sind Vegetarier. Sie ernähren sich hauptsächlich von Wildkräutern wie Löwenzahn, Spitzwegerich, Klee aber auch verschiedenen Gräsern und sind ständig auf Futtersuche, sodass sie den größten Teil der aufgenommenen Nahrung in Bewegung umsetzen und man sie als Weidegänger bezeichnen kann.
Eine Fütterung von Obst, Gemüse, Fleisch, Getreideprodukten und Pellets führt zu Organschäden, da sie viel zu viel Eiweiß enthalten und einen Befall mit Parasiten begünstigen. Siehe dazu auch unter dem Punkt „Ernährung“!
Wird eine Landschildkröte bspw. vorwiegend mit Kopfsalat, Obst und anderen schädlichem Weichfutter ernährt, kommt es nach und nach zur Ausbildung eines Hakenschnabels, da sich die Hornschneiden des Ober- und Unterkiefers nicht mehr ausreichend abnutzen. Eine natürliche Ernährung sieht vorwiegend rohfaserhaltige Pflanzen wie z. B. Wegericharten, Löwenzahn und allerlei Wiesenkräuter aber auch Gräser vor! Außerdem müssen die Schildkröten die Möglichkeit haben, sich an Sepiaschalen (Calciumquelle) kraftaufwendend zu schaffen zu machen.
Mangel an Calcium und/oder UVB (Sonnenlicht)
Die Futterpflanzen sollten einen möglichst hohen Anteil an Calcium aufweisen (mind. 2:1) und zusätzlich muss Calcium in Form von Sepiaschalen, Eierschalen oder Schneckenhäusern zur freien Aufnahme angeboten werden.
UV-B-Strahlen sind für Landschildkröten lebensnotwendig, da diese zur Bildung des Vitamin-D3 führen, welches der Körper braucht, um das aufgenommene Calcium in die Panzer- und Knochenmatrix (das stabile „Knochengerüst“) einzulagern. Nur so ist ein gesundes Wachstum möglich!
Sollte es Landschildkröten nicht möglich sein, ausreichend Calcium aufzunehmen und UVB-Strahlung zu „tanken“, kommt es zu Knochenerweichungen und Deformationen, die sich meist bemerkbar machen, indem der Panzer an Festigkeit verliert und das hintere Drittel des Panzers einsackt. Dem Knochenskelett ist es so nicht mehr möglich, das natürliche Höhenwachstum des Rückenpanzers zu gewährleisten, sodass die betroffenen Tiere sehr flach wachsen. Weiblichen Tiere, die auf diese Art aufwachsen, ist es dann meist nicht mehr möglich, Ihre Eier auf natürlichem Wege abzusetzen, da die hintere Panzeröffnung nicht groß genug ist. Ein solches Problem ist irreparabel, kann also nie wieder behoben werden!
Obiges Tier ist auch ein Beispiel dafür, dass eine Bodenheizung (in Form einer Heizmatte oder eines Heizsteines etc.) absolut schädlich ist. Der Bauchpanzer von Landschildkröten wächst bei überwiegender Wärmeaufnahme von unten besonders schnell, so dass es nach und nach zu einem Missverhältnis von Rückenpanzer und Bauchpanzer kommt. Der Bauchpanzer wächst also schneller als der Rückenpanzer, sodass hier Deformationen vorprogrammiert sind.
Verabreichung von Vitamin-Präparaten
Alle wichtigen Vitamine werden automatisch über die Futterpflanzen aufgenommen und verwertet. Eine Verabreichung von Vitamin-Präparaten ist somit überflüssig und führt zu einer Überdosierung, die lebensbedrohliche Folgen haben kann (siehe dazu unter „Krankheiten“)
Auslassen der Winterstarre
Alle mediterranen Landschildkröten brauchen die Winterstarre um gesund und fit zu bleiben. Auch Schlüpflinge im ersten Jahr sollten bereits eine Winterstarre halten, damit sie nicht zu schnell wachsen und sie ein gesundes Immunsystem entwickeln können. Tiere die auf Dauer keine Winterstarre halten, sind träge, schlapp und besonders anfällig für Krankheiten. Außerdem werden sie auf Dauer sogar unfruchtbar.
Aufzucht in Einzelhaltung
Jungtiere wachsen im natürlichen Lebensraum nach dem Schlupf in Kontakt mit Artgenossen auf und sollten auch in menschlicher Obhut in Gruppen aufgezogen werden. Tiere, die alleine aufgezogen wurden, blühen nach einer Aufnahme in eine bestehende Gruppe meist wieder richtig auf und können ihre natürlichen Instinkte zeigen.
Zu wenig Platz / zu kleines Gehege
Oft haben die Tiere zu wenig Platz zur Verfügung und stressen sich durch die ständigen Begegnungen sehr. Zwei ausgewachsene Tiere benötigen eine Fläche von mind. 15-20m². Nur so können sich die Tiere aus dem Weg gehen und entspannen.
Falsche Gruppenzusammenstellung / zu viele Männchen
Es sollten immer mehr Weibchen als Männchen in einer Gruppe leben, denn männliche Exemplare sind sehr „fortpflanzungsfreudig“ und belästigen die meiste Zeit des Tages die Weibchen, sodass es zu einer starken Stressentwicklung für die Weibchen kommen kann. Das beste Verhältnis wäre 1 Männchen auf mind. 3 Weibchen. Auch eine zeitweise Trennung der Geschlechter kann nötig sein. Die Zusammenhaltung von verschiedenen Arten oder Unterarten muss unterbleiben um Kreuzungen und Krankheiten (bedingt durch die verschiedenen Erreger und unterschiedliche Immunität) zu verhindern.
Erkrankungen
Schildkröten können Leid und Schmerz nicht mitteilen, da sie über keinerlei Mimik und Lautäußerung verfügen. Sie leiden somit stumm vor sich hin. Falls sich ein Tier in irgendeiner Weise anders verhält als sonst, sollte nicht lange gezögert werden und das betroffene Tier einem schildkrötenerfahrenen Tierarzt vorgestellt werden.
Ständiges Hochheben und Umsetzen
Schildkröten sind Wildtiere, also vergleichbar mit Rehen und Kaninchen, was bedeutet, dass der Körper durch einen natürlichen Instinkt bei Gefahr große Mengen Adrenalin ausschüttet und den Tieren so die schnelle Flucht ermöglicht.
Da Schildkröten aber bekanntlich nicht gerade mit ihrer Geschwindigkeit punkten können, ist deren Strategie eine etwas andere: Sollte ein Fluchtpunkt in der Nähe sein (z. B. ein Strauch oder eine Höhle), so wird diese bei Gefahr ebenfalls schnellstmöglich aufgesucht. Ist jedoch unmittelbar mit einer Gefahr zu rechnen (z. B. ein überfliegender Greifvogel, der Schatten wirft oder ein sich nähernder Mensch, der die Erde zum Vibrieren bringt oder aber es findet eine Berührung statt), so ziehen Schildkröten instinktiv schlagartig den Kopf ein, gefolgt von den Vorder- und Hintergliedmaßen, die den Panzer nun rundherum vor den meisten Gefahren schützen können. All dies sind natürliche Reaktionen, die das Tier kurzzeitig enormem Stress aussetzen. Wird ein Tier jedoch in die Hand genommen und herumgetragen, wird eine unvorstellbar große Menge an Stresshormonen ausgeschüttet, die dazu führen, dass eine große Menge der Energiereserven auf einen Schlag freigesetzt werden. Sollte dieser Zustand über längere Zeit andauern oder sich täglich wiederholen (z. B. bei ständigem Hochheben und Umsetzen) kommt es zu einer regelrechten Auszehrung des Organismus‘ und einer Schwächung des Immunsystems.
Öl und andere „Pflegemittel“ auf den Panzer
Leider werden auch heute noch Öle und Fette (z. B. als „Schildkrötenglanz“) von Büchern und Zoohändlern empfohlen. Diese Produkte sind jedoch alles andere als gut, denn das Öl verstopft die Poren des Panzers, sodass sich darunter Keime optimal vermehren und den Panzer angreifen können – Häufige Folge: Nekrosen! Außerdem werden die für das Wachstum und den Aufbau des Knochenskeletts wichtigen UV-B-Strahlen der Sonne abgelenkt.